ein Gastartikel von © DKKS Claudia Illichmann - Alternativpraxis Illichmann
Warum tun wir uns schwer, anderen zu vergeben? Wir wollen dieser Person den Schmerz, den man selbst erlitten hat, spüren lassen, indem wir nicht verzeihen. Das würde ja so etwas wie "Absolution erteilen" bedeuten und genau das wollen wir nicht geben. Der andere soll auch leiden wie wir. Es ist eine Art Bestrafung, die wir bewirken wollen. Auch unser Stolz steht uns oftmals im Wege.
Wer an seinem Schmerz festhält, bestraft sich letzten Endes selbst.— L.F.Buscaglia
Welche Folgen hat es, wenn wir nicht vergeben?
Wir beschäftigen uns in Gedanken damit, dem anderen Schuld zuzuweisen, ihm sein Verhalten nachzutragen. Wenn wir jedoch genauer hinschauen, trifft uns die Bestrafung selbst. Wir verurteilen uns nämlich dazu, nicht vergessen zu können. Wir halten die Gedanken an das, was uns angetan wurde wach und somit auch den Schmerz. Es ist fast so, als würden wir selbst das Messer, das in der Wunde steckt, immer wieder umdrehen.
Wir finden keine Ruhe, haben schlaflose Nächte und sind angespannt. Wir beschäftigen uns damit, wie wir uns rächen, es heimzahlen können-und berauben uns damit unserer eigenen Energie. Da jeder Gedanke sich auch auf unseren Körper und unsere Gefühle auswirkt, bringen uns nachtragende Gedanken aus unserem inneren Gleichgewicht und können sogar Krankheiten verursachen. Unser Körper kann beispielsweise mit Erschöpfung, Anspannung, Bluthochdruck, Kopf-und Magenschmerzen, Schlafstörungen und Absinken der Abwehrkräfte reagieren. Denn wir fühlen Hass, Rache, Wut, Verbitterung, Verletzung, Enttäuschung, Ablehnung, ziehen uns möglicherweise sogar von allen Menschen zurück. Da hilft auch Verdrängen nichts. Das Messer ist weiterhin in der Wunde.
Verbitterung und Nichtverzeihen stehen sogar in Verdacht, bösartige Entartungen von Geweben zu forcieren.
Was Verzeihen bringt:
Neue Untersuchungen zeigen, dass Verzeihen nachweislich den Blutdruck senkt, Kopfschmerzen lindert, Übergewicht senkt, vor chronischen Schmerzen bewahrt und Schlaflosigkeit behebt.
Es ermöglicht, dass Wunden heilen können. Im symbolischen Sinne ist es vergleichbar, das Messer endlich aus der Wunde zu ziehen, damit diese heilen kann.
Man tut es für sich selbst. Nicht verzeihen können macht krank.
Es geht darum, endlich loszulassen und uns somit von dem, was uns angetan wurde, zu befreien. Wir übernehmen Eigenverantwortung, indem wir uns aus der Opferrolle befreien.
Verurteilen macht uns selbst zum Opfer eines anderen
= Handschellen
Bereit sein Verantwortung zu übernehmen
= Handlungsfreiheit
Wir befreien uns von Fremdbestimmung und damit von Passivität. Wir entscheiden uns, nicht länger zuzulassen, dass die Tat unser Leben dauerhaft negativ beeinflusst. Wir öffnen uns für Neues. Nutzen Sie das, was man ihnen angetan hat, um darüber hinaus zu wachsen. Man nennt das Entwicklung: Auswickeln aus Verwicklungen, Begrenzungen, Eingürtungen.
Was ist Verzeihen denn nun genau?
Verzeihen ist ein Akt der Lebensgestaltung. Verzeihen heißt nicht gutheißen, sondern ist reine Akzeptanz, es in mir neutralisieren und nicht mehr länger Opfer sein.
Wenn wir vergeben, entschuldigen wir nicht, was der andere getan hat, sondern wir blicken weiter. Vergeben geschieht durch loslassen, nicht durch vergessen. Wenn wir vergeben, neutralisieren wir negative, feindselige Gedanken und Gefühle. Sie haben keine Macht mehr über uns. Vergebung ist ein Zeichen der Stärke. Vergebung ist das Aufgeben von nachtragenden Gefühlen, die dem Gefühl der Liebe widersprechen.
Es geht um den radikalen Wechsel des Standpunktes: Ich will nicht länger die Opfer-Rolle übernehmen und ich will mich auch nicht länger schlecht fühlen. Deshalb lasse ich das alles jetzt los und kümmere mich mit meiner ganzen Kraft um meinen Weg.
Kränkungen
Wenn wir den Blickwinkel ändern und unser Leben aus einer höheren Sicht betrachten, erkennen wir, dass das, was wir als so unangenehm wahrnehmen, nicht im anderen liegt, sondern in uns selbst. Dann sind wir einen großen Schritt weiter gekommen!
Die Gefühle und Reaktionen auf das, was geschehen ist, waren längst in unserem Inneren vorhanden.
Man trifft eine aktuelle Kränkung nur im Zusammenhang auf unzählige unverarbeitete alte Wunden zum gleichen Thema. Sie haben nur auf einen Auslöser gewartet, damit sie an die Oberfläche unseres Bewusstseins steigen konnten. Alle Schmerzen, alle Verletzungen, alle Urteile tauchen irgendwann zur Heilung auf. Alle Auseinandersetzungen, Unfälle und Angriffe spiegeln das, was in unserem Geist ist, wider und sie alle sind Resultate unserer eigenen Gedanken, Bewertungen und Impulse. Alles, was uns widerfährt, zeigt uns nur die Tiefe und den Umfang der eigenen Verletzungen.
Akzeptieren wir diesen Zusammenhang zwischen Innen und Außen, bekommen wir endlich die Kraft, uns selbst zur Gänze wahrzunehmen.
Und die Gegenseite?
An Personen, die darunter leiden, dass ihnen jemand nicht verzeihen kann, nagen massive Schuldgefühle und viele würden alles dafür tun, ihre Tat rückgängig zu machen.Hier ist Versöhnung möglich, denn hier gibt es Einsicht. Dann können Wunden durch direkte Aussprache heilen.
Andere sind sich keiner Schuld bewusst. Und sosehr wir genau diese Menschen treffen wollen, sowenig können wir das, indem wir nicht verzeihen. Dem einzigen, dem wir Schmerz zufügen sind wir selbst. Wir können diese Personen nicht verletzen sondern nur uns.
Akzeptieren und Verzeihen ist der einzige Weg, um uns von dem Einfluss, die die Person auf uns hat, zu lösen. Erst wenn wir loslassen, können Wunden heilen.
Zu diesen Menschen sei gesagt: Nur wer keine Selbstliebe hat, macht andere nieder. Es spiegelt nur Inneres wieder. Jene Person kann oder konnte zum damaligen Zeitpunkt, gemäß dem individuellen Entwicklungs-und Bewusstseinsstand, (noch) nicht anders.
Wenn du fähig bist zu verzeihen, übernimmt das Leben die Revanche!
Die Dinge loszulassen, bedeutet nicht, sie loszuwerden. Sie loslassen bedeutet, dass man sie sein lässt.— Jack Kornfield
Wie soll ich das machen: Verzeihen? Geht das so einfach?
Je tiefer die Wunden sind, desto länger brauchen wir oft, um vergeben zu können. Lassen sie daher Schritt für Schritt los, nehmen sie Regungen liebevoll an, aber arbeiten sie weiter daran.
Denken sie daran, dass Verzeihen nichts mit Schwäche zu tun hat. Im Gegenteil, Verzeihen ist Ausdruck von Stärke. Sie tun es in erster Linie für sich und ihr seelisches Wohlbefinden.
Sie müssen das Verhalten des anderen nicht gutheißen. Es ist in Ordnung zu sagen: Mir gefällt es nicht. Es hat mir weh getan. Aber ich akzeptiere, dass er sich mir gegenüber so verhalten hat.
Hilfestellungen zum Verzeihen
1. Erstellen Sie eine Liste von Dingen
- für die Sie heute noch auf jemanden wütend sind
- die Sie verletzt haben und die heute noch schmerzen
- die Sie einfach nicht vergessen können und die noch immer an ihnen nagen
- für die Sie am liebsten Rache nehmen möchten und Ähnliches
2. Schreiben Sie sich alles von der Seele
Das Niederschreiben hat eine andere Wirkung als das Sprechen. Beim Schreiben schöpfen wir aus tieferen Schichten und so kommt auch das leichter hoch, was wir sonst eher unterdrücken.
- Beschreiben sie, was genau geschah. Schreiben sie, was in ihnen vorging und was das Schlimmste war, was ihnen angetan wurde. Sie können das Ganze auch als Brief verfassen. Lassen sie ruhig alles heraus!
- Vernichten sie das Niedergeschriebene symbolisch zBsp. durch rituelles Verbrennen, dem Fluss übergeben, zerreißen sie den Zettel oder ähnliches.
- Erlauben sie sich, dabei zu weinen und packen sie ihre angestauten Gefühle mit ins Feuer oder in die Lust das Geschriebene zu zerfetzen oder um einen Stein gewickelt ins Wasser zu schleudern.
3. weitere effiziente Rituale
- Sie können auch das Foto oder die Zeichnung oder nur den Namen von der Person vor sich hinlegen und dann laut zu ihr sprechen. Bringen sie all ihre Gefühle zum Ausdruck!
- Danach jedoch gehen Sie über dazu, so etwas zu sagen wie: Ich bin heute bereit loszulassen, denn ich will nicht mehr, dass diese Sache mein Leben beeinflusst und mich zum Opfer macht. Ich bestimme heute über mein Leben. Ich verzeihe dir heute. Ich heiße es nicht gut, aber ich verzeihe dir, damit ich frei bin. Sprechen Sie dies oder Ähnliches laut aus!
- Hilfreich sind auch Affirmationen wie: Ich übernehme Verantwortung für mein Leben und lasse nicht länger zu, unter dem, was andere getan haben, zu leiden. Ich entscheide mich zum Loslassen. Ich befreie mich von dem Schmerz, indem ich verzeihe.
4. Wechseln Sie die Perspektive
Nach gewissem Abstand können wir die Dinge auch aus der anderen Sicht beleuchten. Vielleicht können wir erkennen, welche Gründe es gab. Es kann ermöglichen, zu verstehen warum er oder sie das getan hat. Dieser Mensch konnte im Rahmen seines individuellen Bewusstseins-und Entwicklungsstandes nur ebenso handeln. Jeder Mensch hat seine Geschichte.
Versetzen Sie sich in den anderen hinein. Was hat aus seiner Perspektive dazu geführt, dass er sich so verhalten hat?
Vielleicht erkennen wir unseren eigenen Anteil an der Situation. Stellen Sie sich die Frage: Was habe ich dazu beigetragen? Vielleicht hilft es, unsere Gefühle zu relativieren und die Sache bereinigen oder loslassen zu können. Überprüfen Sie noch einmal, ob aus heutiger Sicht dieses Verhalten alle anderen positiven Erfahrungen, die Sie mit diesem Menschen gemacht haben, in Frage stellen kann.
Nicht immer schafft man das Loslassen alleine, vor allem wenn man Missbrauchsopfer, Opfer von Gewalttat oder Ähnlichem ist. Dann braucht es fachkompetente Hilfe von außen. Sind Sie es sich wert, Hilfe anzunehmen, um freier und glücklicher zu leben.
Literatur:
Oliver Bantl: Yofi oder die Kunst des Verzeihens
Fred Luskin: Die Kunst zu verzeihen
Doris Wolf: Ab heute kränkt mich niemand mehr
Jean Monbourquette: Vergeben lernen in zwölf Schritten
Claudia Illichmann ist dipl. Krankenschwester, Mentaltrainerin und Energetikerin bei Alternativpraxis Illichmann.
Und hier eine mentale Übung zu Verzeihen macht frei:
Jetzt verrate mir:
Wie verzeihst du? ;)
finde deine wahre Liebe! ;)
deine
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